Verpuppen und Einspinnen

Na, ertappt? Haben Sie sich auch diesen Winter eine neue Kuscheldecke für die Couch gegönnt? (Meine ist von Klippan.) Haben Sie eine Lichterkette auf dem Balkon angebracht? Sind Sie Kerzen in allen Größen, Farben und Formen verfallen? Haben Sie eine Fensterbank neu gestaltet? 

Japp, dann sind Sie ihm - wie auch wir - verfallen: Dem Wohntrend Cocooning.

Dass es hierbei weder um Insekten, noch um Spinnen geht, können Sie sich sicher denken. Sondern, genau, um das gemütliche Einrichten zu Hause.

Trautes Heim, Glück allein 

Eine Tasse von Marimekko auf einem Stapel Bücher - so einfach geht hygge und skandi Lifestyle mit Marimekko bei HARTOG in Berlin.

Cocooning fasst verschiedene Trends zusammen, den Alltag in die eigenen 4 Wände zu verlagern, sich auf sich zu konzentrieren und es sich zu Hause schön und gemütlich einzurichten. Cocooning, das heißt, das eigene Heim zum Ort des Wohlfühlens und des Einrichtens zu machen, mehr als nur ein Ort des Wohnens.

Gleichzeitig ist es auch eine logische Folge der Jahreszeiten und des Wetters: Wenn es zu kalt ist, um sich im Park zu treffen, gibt es Spiele-Abende zu Hause und Kochen mit Freunden statt Biergarten.
Im Norden, wo es im Winter länger dunkel ist, ist das noch verstärkter. Meine schwedischen Freundinnen erzählen immer, dass es das Sommer-Schweden (wie Midsommar und mit Blumen) und das Winter-Schweden gibt. Das Winterschweden findet statt: Am Arbeitsplatz, im Fitness-Studio und zu Hause vor dem Fernseher. Und dort muss es gemütlich sein.
Die im Norden, bei denen es lange dunkel sein kann, wissen also schon aus Jahrzehnten Cocooning-Erfahrung, dass mehrere Lichtquellen einen Raum erst so richtig gemütlich machen und tolle Decken für Geborgenheit sorgen. Wir gucken uns das natürlich ab und formen daraus Lebensstile wie hygge oder lagom. A propos hygge, haben Sie schon gesehen, dass wir von visitberlin empfohlen werden für eben diesen skandinavischen Einrichtungsstil? Yeah!

Intimität im Wandel der Zeit 

Intimität als Gegenpol zu Öffentlichkeit erscheint im Zeitgeist in Wellen, die unterschiedlich stark durch die Gesellschaft schlagen und sich immer wieder verschieben. Cocooning steht klar auf der Seite der Intimität.
Ein Beispiel für eine dieser Wellen sind etwa die Biedermeier, die das öffentliche Leben nach Hause verlagerten. Angelehnt daran wird heute auch gerne augenzwinkernd von Bionade-Biedermeier gesprochen.

Erste Vorläufer hatte das Cocooning im Konzept des cosy home in der Mitte des 20. Jahrhunderts (haha da haben wir den passenden Namen ausgesucht: haben Sie schon unsere Zusammenstellung cosy at home im Shop entdeckt?). Klaro, denn nach und nach hatten alle Wohnungen eigene Badezimmer mit Toiletten bekommen und es war nicht nur genug Geld für den Urlaub da, sondern eben auch für schönes Einrichten. 
In den 1980ern benannte dann die Soziologin Faith Popcorn dieses Phänomen des Rückzugs in das Heim eben als Cocooning. Sie meinte dabei vor allem das sich einigeln.
Was wir seit den 2000ern unter Cocooning verstehen, ist streng genommen das Homing: Soziale Kontakte werden zunehmend nach Hause verlagert. Also Geburtstag in der Küche feiern statt in der Kneipe, Serien-Girls-Night statt gemeinsamer Kinobesuche, DiY statt shoppen gehen.

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Relevanz im Alltag

Wie man den Trend jetzt auch nennt, allen Ansätzen ist das zu Hause als Zentrum des Alltags gemein und der Wunsch, sich hier wohl zu fühlen. Dem Druck von Außen, vielem Unverständlichem in Krisenzeiten entfliehen. Ein bisschen mehr Gleichgültigkeit der extrem individualisierten Gesellschaft gegenüber. Ein bisschen mehr Entspannung und Fokussierung auf sich selbst.

Und oh ja, es gibt auch digitales Cocooning. Erinnern Sie sich? Vor ein paar Jahren war es noch Trend, immer erreichbar zu sein und auch sein zu müssen. Das hat umgeschlagen. Heutzutage ist es schon fast ein Status-Symbol, sich keine Push-Mitteilung von Whatsapp anzeigen zu lassen und nicht sofort auf eine Mail zu antworten. Ob Instagram-Fasten oder Facebook-Abstinenz, hier geht es überall um das gleiche Phänomen wie offline: Sich von den Eindrücken einer Welt zurück zu ziehen, die als zu unübersichtlich und teils unberechenbar wahrgenommen wird. 

Corona und Cocooning? 

Klar, wir bemerken es auch. Seit Corona erleben wir einen Umschwung bei den Bestellungen unseren Kundinnen und Kunden: Weg von Mode hin zu Einrichtung und besonderer Langlebigkeit.
Dennoch ist es wichtig, das aktuell nicht nur als Trend wahrzunehmen, sondern als Ausdruck von Bedürfnissen. Denn der aktuelle Rückzug geschieht oft nicht freiwillig. Es sind die Maßnahmen gegen das Virus, die uns in den Wohnungen bleiben lässt. Und wo ästhetische Bedürfnisse oder Selbstverwirklichung nicht wie gewohnt ausgelebt werden können, projeziert mensch das eben auf den neuen Handlungskreis: Das eigene zu Hause. Das macht Spaß und gibt Befriedigung.

Halten Sie durch. Bis das öffentliche Leben wie wir es kannten wieder möglich ist, genießen Sie ihr zu Hause und machen Sie es sich so schön wie es nur geht. Vielleicht entdecken Sie ja sogar ein neues Hobby? Ungeahntes Können? Dabei helfen wir sehr gerne.

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Quellen:

https://www.berlin.de/special/immobilien-und-wohnen/moebel-und-design/1050679-739642-homingl%C3%B6stcocooningab.html

https://www.brigitte.de/leben/wohnen/cocooning--was-hinter-dem-wohntrend-steckt-11592298.html

https://www.fazitmagazin.at/2017/04/der-grosse-rueckzug/

https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-8707622.html

https://www.sueddeutsche.de/leben/cocooning-und-do-it-yourself-trend-tyrannei-der-gemuetlichkeit-1.3253693

https://web.archive.org/web/20110527232452/http://www.br-online.de/wissen/forschung/trendforschung-DID120420711222/trendforschung-trendarten-cocooning-ID1204197410476.xml

https://www.zeit.de/2007/46/D18-PrenzlauerBerg-46?utm_

https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/digitales-cocooning-offline-als-status/