Tove, Moomin und die Toleranz

Ja, Tove Janssons Geschichten um die Moomins sind wirklich liebevoll erzählt und toll, um mit Kindern über Themen wie Freundschaft und Gefühle zu sprechen. Aber ist Ihnen bewusst, dass sie sich auf einer Meta-Ebene auch an uns Erwachsene richten? Dass Tove ihre eigenen Werte-Vorstellungen für eine friedliche Zukunft in die Moomins einfließen ließ? Wie wichtig ihr der Wert der Toleranz war? Ihre Geschichten sind aktueller, als man denken könnte. 

Im Moomin-Tal leben nicht nur Moomins, sondern ganz unterschiedliche Wesen. Sie kommen gut miteinander aus.  Unterschiedliche Wesen werden toleriert bei den Moomins. Auch wenn man sich manchmal langsam beschnuppern muss.

Tove und ihr persönlicher Background

Tove wuchs in eine Künstler-Familie auf, ihre Mutter war Grafikerin, ihr Vater Bildhauer und auch ihre Brüder künstlerisch aktiv.
Wenn auch konservativer, als sie selbst, waren ihre Eltern doch weltoffen und ihre Mutter hatte unter anderem in Paris studiert. Den Blick über den eigenen Horizont hinaus lernte sie früh. 

Das Weltgeschehen prägte Tove (1914-2001) und ihr Selbstverständnis. Sie lebte in einer ereignisreichen Zeit und erlebte die Weltkriege sowie die Emanzipation der Frauen. Als erstes Land in Europa führte Finnland 1906 das Frauen-Wahlrecht ein. 

Wussten Sie, dass Tove homosexuell war? Sie lebte mit ihrer Lebensgefährtin Tuulikki Pietilä zusammen, als das in Finnland noch bis Anfang der 1970er Jahre illegal war.

Hemule und kleine Wesen wie Tofsla und Vifsla leben im Moomintal miteinander.   Eine Vielzahl an Wesen lebt im Moomintal, die alle tolerant miteinander leben können.

Die Moomins - wie Toves Leben sich spiegelt

Natürlich spiegeln sich Toves Lebens-Erfahrungen auch in gefilterter Weise in den Moomins. Manchmal deutlicher (Tuulikki war Inspiration für den Charakter der Tooticky), manchmal versteckter (Tofsla und Vifsla verkörpern Tove und ihre vorherige Liebhaberin Vivica Bandler). 

Die ersten Geschichten um die Moomins hatte Tove während des sowjetisch-finnischen Winterkrieges geschaffen und veröffentlichte ihr erstes Buch 1945. Das wirkt noch viel dunkler und bedrohlicher, als andere Moomin-Geschichten und auch das Motiv der Trennung vom Vater, der später erst auftaucht, zeigt, wie sehr der 2. Weltkrieg in die Geschichte hineinreicht. Kein Wunder, dass die Moomins friedliebende Wesen sind. 

Die weiblichen Charaktere haben für ihre Zeit starke Rollen. Es bestehen zwar traditionelle Rollen-Zuweisungen, wenn es um die Geschlechter geht, aber betrachtet man die weiblichen Charaktere, fällt auf, wie selbstbestimmt und proaktiv sie sind. 

Der Urahn lebt bei den Moomins und zeigt sich nur gelegentlich.  Die Charaktere Tofsla und Vifsla stellen Tove Jansson und ihre Liebhaberin dar.  Auch wenn die Bilder schwarz weiß sind, zeigt sich bei den Moomins eine ungeahnte Vielfalt und Buntheit der Charaktere.

Toleranz bei den Moomins

Kein Wunder also, dass Toleranz, Respekt und Liebe im Moomin-Tal gelebt werden. Es gibt keine sozialen Unterschiede dort und alle haben das Recht, so zu leben, wie sie es möchten.

Die Vielzahl an verschiedenen Wesen vermittelt, wie schätzenswert die Vielfalt des Lebens ist. Alle Wesen, ob groß oder klein, verdienen es, gehört und wertgeschätzt zu werden und untereinander finden alle Bewohnerinnen und Bewohner der Moomin-Tals immer einen Umgang. Egal, wie sie aussehen, was sie können oder wie ihr Charakter ist. 

Das Moomin Haus ist ein Safe Space für die Familie und Freunde und alle, die zu Gast sind. Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft sind den Moomins, vor allem Moomin Mama sehr wichtig. Alle werden aufgenommen, die es brauchen, Vorräte werden geteilt, man lässt sich gegenseitig Raum und neue Mitbewohner und Mitbewohnerinnen werden - mal temporär wie Ninny, das unsichtbare Kind, mal dauerhaft wie der Urahn im Ofen - liebevoll aufgenommen. Auch die Kleine My darf einfach dauerhaft bei den Moomins einziehen. 
Und wenn es wirklich nötig ist, dass jemand bitte wieder abreisen soll, wird dies höflich vermittelt, ohne die Person zu verletzen. 

 Die Kleine My darf bei den Moomins einziehen. Hier ihr erster Besuch im Moomin-Haus.  Jedes Wesen hat im Moomintal ein Recht, gesehen und wertgeschätzt zu werden. Von Klein und Groß. Hier trösten Tofsla und Vifsla den traurigen Moomin.

Toleranz und Respekt sind die Maximen für das Zusammenleben im Moomin-Tal. Wir sollten uns Moomin, Kleine My, Sniff, Tooticky und all die anderen mehr zum Vorbild nehmen. 

Wenn Sie das nächste Mal die Moomins lesen, fallen Ihnen bestimmt auch Details auf, die für Kinder nicht ersichtlich sind. Das macht das Lesen noch spannender, oder? 

 Die Figur Tooticky ist von Toves Lebensgefährtin Tuulicki inspiriert.  

Quellen: 

 

https://www.moomin.com/en/blog/the-moominhouse-is-always-open-for-those-looking-for-shelter-find-out-how-tolerance-was-seen-in-tove-janssons-moomin-stories/#1bef1dcd

Bilder: 

Jansson, Tove: Die Mumins. Eine drollige Gesellschaft. Würzburg 2021. 

Jansson, Tove: Die Mumins. Winter im Mumintal. Würzburg 2017. 

Jansson, Tove: Mumins. Die gesammelten Comic-Strips von Tove Jansson. Band zwei. Berlin 2009.