Finnland und Sauna, das ist untrennbar miteinander verbunden. Für die Finninen und Finnen bedeutet Sauna nicht nur Kontakt mit der Natur, sie durchdringt auch die Gesellschaft und ist Alltags-Kultur.
Doch was ist so toll daran, in einem heißen Raum zu sitzen, innerlich zu zergehen und die feinen Rinnsale aus Schweiß zu spüren, die kitzelnd das Gesicht und den Körper herunter laufen?
Sich direkt danach in ein vorbereitetes Eisloch im zugefrorenen See zu stürzen und auszukühlen, um das Ganze dann wieder und wieder von vorne zu starten?
Es macht scheinbar glücklich. Und ausgeglichen. Und gesund. Sagen die Leute in Finnland.
Denn in diesem kleinen, heißen Raum treffen 3 elementare Ebenen aufeinander: das Körperliche, das Soziale und das Spirituelle.
Tauchen wir ein in die Hitze und die Faszination der Sauna!
Finnische Sauna am Felleshus in Berlin
Die Sauna. Echt heiß. Echt finnisch. - Die Ausstellung
Den Finninen und Finnen ist es wirklich ernst mit ihrer Sauna. So sehr, dass jede finnische Botschaft weltweit über eine Sauna und eine diplomatische Sauna-Gesellschaft verfügt und die Finnische Botschaft in Berlin ihre letzte Ausstellung im Felleshus (26. Januar bis 14. April 2024) eben der Sauna gewidmet hat.
Neben Fotografien zeigten auch Filme, wie die Sauna den Alltag in Finnland prägt und Informations-Tafeln erklärten den Background.
Und es gab die Sauna zum Anfassen: Auf der Terrasse des Felleshus standen 2 Saunen, die tatsächlich benutzt wurden. Kein Wunder, dass diese Ausstellung mit fast 20.000 Besuchenden eine der erfolgreichsten Schauen im Felleshus überhaupt war.
Und auf dem Sauna-Festival, mit dem die Präsentation auch abschloss, ging es im wahrsten Sinne des Wortes heiß her. Wir haben mitgeschwitzt! Na ja, wir haben es versucht:
Das Sauna-Festival
Ganze 3 Tage lang hat die Finnische Botschaft der Stadt Berlin ganz schön eingeheizt. Bei bestem Frühlingswetter luden 7 verschiedene Saunen zum Schwitzen ein; ein Ruf, dem eine beachtliche Menge Entspannungs-Williger folgte!
Man stelle sich also vor: Der Hof der Nordischen Botschaften, bestückt mit den Saunen, voll von Saunierenden, die ein so genanntes Sauna Bier (in diesem Fall leckeres alkoholfreies Kukko-Bier original aus Finnland) tranken und mitten drin der HARTOG-Verkaufsstand.
Alle, die ihr Handtuch oder den Bademantel vergessen hatten oder einfach spontan zum Event erschienen, wurden bei uns fündig. Und mit einem Marimekko-Badetuch macht man natürlich stets eine gute Figur.
Der Andrang am HARTOG-Stand war dann also so groß, dass Torben dem geplanten Schwitzvergnügen gar nicht nachgehen konnte. Doch er wurde mit toller finnischer Musik entlohnt, führte zahlreiche Gespräche mit alten und neuen Kundinnen und Kunden und bekam ein Gefühl für den glücklichen Gemüts-Zustand der Finninen und Finnen. Sisu genannt.
Sisu hat sicher damit zu tun, dass der Weltglücksbericht Finnland 2024 zum 7. Mal zum glücklichsten Land der Welt erklärt! Und wie genau hängen jetzt Sisu und der finnish way of Sauna zusammen?
Sauna. In Finnland.
Sauna bedeutet in Finnland Gesundheitsvorsorge und sozialen Austausch.
Kaum ein Reiseführer kommt ohne eine Erklärung zum Phänomen aus - das Ganze illustriert von klischeehaften Bildern.
Wie viel von diesem Klischee steckt wirklich in der finnischen Sauna?
The Finnish way of Sauna
Was macht die Finnische Sauna aus, wo doch viele Kulturen eigene Schwitz-Bäder der Wärme-Therapie entwickelt haben? Ob russische Banja, Schwitzhütten in Irland oder japanische Kamaburos, geschwitzt wird weltweit. Typisch finnisch ist jedoch:
Sauna ist überall
Sauna ist in Finnland allgegenwärtig: Begonnen bei der schieren Masse an Saunen (auf ca. 5,6 Mio. Einwohnende kommen sage und schreibe etwa 3,5 Mio. Saunen), findet man Saunen wirklich fast überall - es gibt öffentliche Saunen, fast jedes Mietshaus hat eine Sauna-Abteilung, Hotels und Campingplätze ebenso und sogar das Parlament verfügt über eine eigene Sauna, in der parteiübergreifend sauniert werden kann. Sauniert wird meistens mit Freundinnen und Freunden oder der Familie, aber auch alleine oder mit der Sport-Mannschaft oder unter Kolleginnen und Kollegen oder .. oder .. oder!
In der Sauna sind alle gleich und man kann auf alle treffen. Personen jeden Alters, aller Berufe, sozialen Herkünfte oder Lebensstile verbringen in der Sauna gemeinsam Zeit.
Sauna als Ort
Die Räumlichkeiten von Saunen sind ein Spiegel der Gesellschaft und der lokalen Architektur. So vielfältig und mobil wie heute waren Saunen noch nie, es gibt schwimmende Saunen, ochsenblutrote Hütten, verglaste Saunen, Baumhaus-Saunen, Saunen in Bau-Containern, LKW-Transportern, Pferdeboxen und auf Flößen, temporäre Eis-Saunen, die schmelzen, ein Riesenrad mit Sauna-Waggon in Helsinki und viele, viele mehr. Neueste Technik und Moden treffen auf Handwerk und Tradition. Manche Saunen sind privat, andere stehen frei in der Natur und können dank Jedermanns-Recht in Finnland von allen genutzt werden.
Am beliebtesten ist die Strand-Sauna, fast jedes Mökki hat eine Sauna und entlang der Gewässer in Städten ziehen sich Saunen teils wie Perlenketten.
Freie Form
Besonders ist die freie Form der finnischen Sauna. Es gibt keine Regeln und man darf sein, wie man ist. Meist ist man nackt, da die Saunen oft nach Geschlechtern getrennt sind, aber in gemischten Saunen ist Badekleidung durchaus im Kommen. Es ist erlaubt, zu sprechen und es gibt keine Regeln, wie lange man in der Sauna bleiben muss, wie viele Runden sauniert wird oder wer einen Aufguss vornehmen darf. Auch wenn man natürlich aus Höflichkeit fragt, bevor man dies tut.
Löyly
Typisch für die finnische Sauna sind eben diese Aufgüsse, die möglichst heiß und feucht sein sollten. Sie entstehen auf dem Ofen, idealer Weise ein Holz-Ofen, auf dem heiße Steine liegen. Doch auch elektrische Öfen sind weit verbreitet.
Hier entwickelt sich Löyly, der Dampf. Der ist in der finnischen Sauna besonders wichtig und heißt so viel wie Atem oder Seele. Löyly bedeutet im Alt-Finnischen auch Lebenskraft der Natur.
Löyly bestimmt über die Qualität der Sauna, ein guter Löyly zeichnet sich durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Hitze und Feuchtigkeit aus und wirkt wie ein Kraftfeld. Er fühlt sich an, wie eine langsame, innige Umarmung - stark, aber nie aggressiv. Ein schlechter Löyly? Ist wie ein Schlag ins Gesicht.
How To
Während des Sauna-Gangs kann man sich quasten, also mit Bündeln aus Birkenzweigen abklopfen, um die Durchblutung zu verbessern.
Zwischen den Sauna-Gängen kühlt man ab, am liebsten an der frischen Luft. Und am allerliebsten richtig eiskalt im Schnee oder im Wasser, noch besser in einem vorbereiteten Eisloch. Wo kein Gewässer vorhanden ist, gibt es kalte Duschen und dort kann man auch vor der Sauna auf der Straße auf in Handtücher gehüllte Saunierende treffen.
Nach dem Saunieren zieht man sich sehr langsam an und bleibt noch eine Weile sitzen und plaudert, um das Nachschwitzen zu vermeiden. Denn, auch wenn die Extremitäten bereits abgekühlt sind, bleibt der Körperkern noch länger erhitzt. Grundsätzlich gilt es also, langsam zu machen.
Textilien und Hüte
Badekleidung ist erlaubt, aber kein Muss und Handtücher sind immer dabei.
Es ist außerdem möglich, einen Sauna-Hut aus antibakteriellem und atmungsaktivem Filz zu tragen, der die Luft am Kopf einschließt und diesen dadurch länger kühler hält. So hält man die Hitze besser und ohne Schwindel-Gefühle aus. Sauna-Hüte sind überdimensioniert und lustig gestaltet, ein Blick in die Google-Bildersuche macht Spaß!
Samstags-Sauna
Die Sauna ist Teil des Alltags, traditionell wird am Samstag sauniert. Aber auch an Feiertagen geht man in Finnland in die Sauna: Etwa 80% der Finninen und Finnen saunieren an Heilig Abend, wie auch schon unsere ehemalige Kollegin Lumi über finnische Weihnachtsbräuche erzählt hat.
Die Samstags-Sauna (auf finnisch Lauantaisauna) bedeutete den Abschluss der Arbeits-Woche, man wusch sich sauber und lud auch die psychische Last ab. Das mit der Sauna hat sich bis heute gehalten.
Das finnische Wort für Samstag Lauantai hat seinen Ursprung übrigens im skandinavischen Wort laugardagr, was Wasch-Tag bedeutet.
Die Sauna und das Kalevala
Elias Lönnrot, der Dichter des Kalevala, war übrigens Volksmediziner und dürfte sich in vielen Saunen aufgehalten haben. Er sammelte die Geschichten, die er zum Kalevala zusammen fügte, auf seinen Reisen in Karelien und verankerte die Sauna als vielseitigen Ort der Heilung in seinem Werk. Und: Er etablierte die Sauna als Schlüsselsymbol der finnischen Identität.
Die Sauna als Gesundheits-Vorsorge
Einem finnischen Sprichwort zufolge ist die Sauna die Apotheke der Armen und gilt irgendwie als Allheilmittel im Bereich der Gesundheit. Ist dies berechtigt?
Ja, denn inzwischen bestätigen zahlreiche Studien die positiven Effekte regelmäßiger Sauna-Gänge auf verschiedenste Aspekte der Gesundheit.
Kurz: Die Sauna trainiert durch den positiven Stress des Wechsels zwischen Warm und Kalt alle Gefäße und Organe durch die verbesserte Durchblutung. Das Herz schlägt schneller, was alle Bereiche kardio-vaskulärer Erkrankungen günstig beeinflusst. Auch Hautprobleme können zurück gehen und das Immunsystem wird gestärkt. Außerdem steigt die körpereigene Versorgung mit schmerzhemmenden Beta-Endorphinen und die Wärme aktiviert bestimmte Proteine im Gehirn, deren Verfall zu Demenz führen kann.
Saunieren bedeutet gesundheitliche Vorsorge!
Sauna macht glücklich
Zu den körperlichen Vorteilen kommen die psychischen. Wie genau macht Saunieren nun glücklich?
Der psychische Effekt
Dazu fanden Forschende ein Zusammenspiel verschiedener Aspekte:
- Erstens besteht eine Überschneidung zwischen Nervenbahnen, die die Fähigkeit zum Abkühlen steuern und Nervenbahnen, die die Stimmung regulieren - Körpertemperatur und Stimmung sind also direkt miteinander verbunden. Der Wechsel der Temperaturen regt diese Nerven an und somit auch die Stimmung.
- Zweitens die hormonelle Ebene: Der Hitzestress senkt einerseits das Stress-Hormon Cortisol im Körper. Andererseits löst er einen Anstieg von Endorphinen aus, die Ängste abbauen. Und: Durch bestimmte hormonelle Zusammenhänge führt das Unwohlsein in der Hitze der Sauna kausal zum Glücksgefühl nach einem Saunagang.
- Und drittens schütten das Gehirn, das zentrale Nervensystem und auch die Verdauung in der Sauna die Glückshormone Serotonin, Dopamin und Oxytocin aus. Deren Kombination ermöglichen nebenbei gesagt den Aufbau dauerhafter zwischenmenschlicher Beziehungen. Die tragen wiederum zu Zufriedenheit bei und voilà, hier schließt sich der Kreis.
Das Glücks-Gefühl nach einem Sauna-Gang wird auch Sauna-Gehirn genannt und wer schon einmal in der Sauna war, erinnert sich an das entrückte, schwebende Gefühl. Wie in Trance fühlt man sich gleichzeitig gereinigt, beschwingt und erschöpft (danke für diese Widersprüchlichkeit, liebe Hormone!). Und kann wunderbar schlafen.
Sisu
Stress, Streit und vor allem Smartphones bleiben draußen und haben in der Sauna nichts zu suchen. Nicht nur, weil die Technik versagen würde, sondern, weil die Sauna ein Ort der Ruhe ist, wo Fluchen und Lärm nicht erwünscht sind. Körper und Geist entspannen sich und Heilung kann beginnen.
In der Sauna entsteht Sisu, diese typisch finnische Eigenschaft, die sich mit Ausdauer, Beharrlichkeit und Kraft übersetzen lässt. Es braucht körperliches und geistiges Durchhalte-Vermögen um in der Hitze und Kälte abzuhärten. Diese Resilienz kräftigt psychisch. Sisu wächst, der soziale Leim, der die Gesellschaft zusammen hält, der aus passiven Personen Menschen macht, die Eigeninitiative ergreifen können. Die die Fähigkeit haben, etwas Neues zu starten.
Nähe zur Natur
Der Sprung ins kalte Nass direkt nach dem Sauna-Gang, der Blick in den oft unberührten Wald, allgemein das Beobachten von Flora und Fauna, aber auch das Spüren von Jahreszeiten und Temperaturen sowie die absolute Nähe durch die Verletzlichkeit der eigenen Nacktheit setzt die Saunierenden in unmittelbaren Kontakt mit der Natur.
Diese Reize beeinflussen das Gehirn, sie lösen im Parasympatikus, der für die unwillkürliche Steuerung von Organen und Kreislauf zuständig ist, einen Ruhe- und Verdauungs-Modus aus. Gerhinregionen, die für das Grübeln verantwortlich sind, werden hingegen weniger aktiv.
So kann ein Sauna-Besuch im Wald das Gefühl von Entspannung bewirken. Der Aufenthalt in der Natur senkt nachweislich das Stress-Hormon Cortisol im Körper, verbessert die Immun-Regulation, senkt das Schmerz-Empfinden und kann Ängsten und Depressionen vorbeugen. Außerdem kann so die Aufmerksamkeit gebunden und ein Gefühl von Überwältigung und Ehrfurcht hervorgerufen werden. Diese überwältigenden positiven Gefühle erleichtern nachweislich, den Zustand zu erreichen, in dem man die eigene Meinung ändern kann.
Diesen Effekt der Verbindung auch im sozialen Miteinander wissen die Menschen in Finnland zu nutzen.
Die soziale Ebene der Sauna
Sauna: Was man nicht sehen kann
Die Sauna bedeutet offensichtlich mehr, als einen Raum mit nackten Menschen zu füllen, zu erhitzen und Aufgüsse zu machen.
In der Sauna kann man zur Ruhe und mit sich ins Gleichgewicht kommen und sich körperlich und geistig reinigen. Da liegt der (Aber)Glaube nicht weit; Zaubersprüche und Rituale hatten und haben ihren Platz genauso in der Sauna wie Sauna-Wichte, Tonttu genannt. Diese Wichte galt es zu besänftigen, um Feuer abzuwenden. Dem ansässigen Sauna Tonttu wird bis heute ein Holzscheit angeboten beim Verlassen der Sauna - ein Zeichen von Respekt.
Seit 2020 steht die Finnische Sauna auf der repräsentativen Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Damit ist neben den Sauna-Traditionen auch der talkoo, der Gemeinschafts-Geist gemeint, der durch die Sauna entsteht.
Denn: durch Nacktheit entsteht Gleichheit. Das Aussehen wird in der Sauna egal, man legt Titel und alle anderen Unterscheidungs-Merkmale in der Garderobe ab. Wer gleich ist, verdient auch außerhalb der Sauna die gleichen Chancen, benötigt keinen Wettbewerb und lebt soziale Unterstützung. Sauna wirkt in die Gesellschaft hinein identitäts-stiftend.
In der Hitze schwinden die Hemmungen und man kann in der Sauna über alles sprechen, nichts ist Tabu. Daher ist die Sauna ist für viele ein Ort, wo sie sich öffnen und frei sprechen können. Kein Wunder also, dass ein gemeinsamer Aufguss als der Weg ins Herz der Finnninen und Finnen und als die beste Art des Kennenlernens gilt. Eine Einladung in die Sauna abzulehnen gilt übrigens als sehr unhöflich!
Die Sauna ist ein Spiegel der Kultur und ein Ort der Pflege von Gemeinschaft, Tradition und Entspannung.
Sauna-Diplomatie
Die Essenz dessen ist wohl die Sauna-Diplomatie. Traditionell ist die Sauna ein Ort von Verhandlungen, hier herrscht Augenhöhe, Dinge können offen und informell besprochen werden.
Während des Kalten Krieges war die Sauna-Diplomatie entscheidend für die Beziehungen zwischen Finnland und dem benachbarten Sowjet-Russland. Urho Kekkonen (der beliebte Präsident Finnlands von 1956 bis 1982) lud jeden Samstag im engsten Kreis und ausgewählte Gäste zur Samstag-Abend-Sauna auf seiner Residenz in Tamminiemi ein. Hier wurde über die Angelegenheiten des Landes diskutiert. Praktisch, denn Streit bleibt ja draußen, Verhandlungen brauchen kürzer und Differenzen schmelzen im wahrsten Sinne des Wortes dahin. So konnte Kekkonen seine Neutralitäts-Politik verwirklichen, die den Wohlstand Finnlands begründete.
Und heute? Bis heute gilt die Einladung von Diplomaten und Diplomatinnen in die Sauna als besonderer als etwa zu einem Event oder Mittagessen.
Diese Geste zeigt, dass man nichts zu verbergen hat und schafft Vertrauen. Wer gemeinsam sauniert, schafft eine Verbindung, an die man beim nächsten Treffen anknüpfen kann und dann schneller voran kommt.
Kein Wunder also, dass jede Botschaft weltweit und viele Partei-Zentralen in Finnland über eine eigene Sauna verfügen.
Zur Geschichte der Sauna in Finnland
Geschichte, Geschichten und Traditionen in der Sauna
Bereits für die Steinzeit sind Grubensaunen belegt, Schwitzgruben bestehend aus einem Unterstand, der mit Fellen bedeckt und von in einem Feuer erhitzten Steinen gewärmt wurde.
In der Eisenzeit kamen Rauchsaunen auf, die bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts verbreitet waren. Wurde ein Gehöft neu gebaut, so war die Sauna das erste Gebäude, das errichtet wurde. Hier lebte die gesamte Familie, bis das Wohnhaus gebaut war - dann zogen Bedienstete und Leibeigene ein, die auf dem Hof halfen.
Von Beginn an dienten Saunen als Mehrzweckräume: Hier wurden Lebensmittel getrocknet oder fermentiert, es wurde gewaschen und gleichzeitig fungierte die Sauna als Schlafraum für unerwartete Gäste.
Handelte sich um eine Dorf-Sauna, nutzte man sie zur gleichen Zeit als Apotheke, Badehaus, Versammlungs-Raum, Krankenhaus (fahrende Heiler und Heilerinnen agierten hier), Ort von Ritualen bei Lebensfesten wie Geburt, Hochzeit und Tod, und auch als Ort der mündlichen Wissens-Weitergabe.
Viele der Nutzungen ergaben sich daraus, dass die Sauna schlicht der sauberste, ruhigste und hygienischste Raum eines Hofes oder Dorfes war.
Aufgebaut wurde die Sauna immer mit Abstand zum Wohnhaus, da durchaus eine Brandgefahr von ihr ausging. Das war letztlich auch einer der Gründe, warum Rauchsaunen zu Beginn des 20. Jahrhundert durch Saunen mit Öfen ersetzt wurden. Zu dieser Zeit wurden öffentliche Saunen gefördert, um die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Insgesamt waren Saunen im 20. Jahrhundert zunächst sehr beliebt, doch mit zunehmender Individualisierung und steigendem Wohlstand entwickelten sie sich ins Private hinein und wurden zu Status-Symbolen. Kaum ein Hotel, ein Wohnungs-Komplex oder ein Mökki ohne Sauna.
Doch dabei ging der Grund-Gedanke der Sauna verloren: Die (Zwangs-)Gemeinschaft, die sie bedeutete, der soziale Austausch, die Gesellschaft. Und so verlor sie nach und nach an Relevanz im Alltag der breiten Masse der Bevölkerung.
Doch seit den 2000ern, besonders seit den 2010ern, wird das Saunieren wieder beliebter und immer mehr öffentliche Saunen eröffnen. Denn die Sauna widersteht in ihrer Ursprünglichkeit den großen Entwicklungen Globalisierung, Verstädterung und auch der technologischen Durchdringung.
Und besonders seit Covid 19 herrscht ein größeres Bewusstsein für Gesundheit und Psychohygiene. Die Sauna boomt wieder, Schwimm-Clubs haben lange Warte-Listen, (Braut-)Rituale werden wiederbelebt, Sauna-Themenparks entstehen und international entwickeln sich Aufguss-Rituale. Hier entstehen richtiggehend Events!
Wohin die Sauna noch führen wird? Eines ist sicher: Immer zurück zu den Wurzeln und zur Natur.
Die Sauna in Finnland - ein Phänomen für sich. Kein Wunder, dass es eines der wenigen finnischen Wörte ist, das es in den internationalen Sprachgebrauch geschafft hat.
Doch eigentlich muss man die Faszination Sauna erleben und nicht nur in der Theorie über sie lesen.
Na, wer hat Lust bekommen, in die Sauna zu gehen?
Quellen:
https://www.arte.tv/de/videos/115570-012-A/stadt-land-kunst-spezial/
https://www.finntouch.de/2019/03/09/helsinki-sauna-day/
https://saunainternational.net/
https://www.tagesschau.de/wissen/weltgluecksbericht-102.html
https://www.thesaunaproject.net/contact
https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-12/finnische-sauna-unesco-weltkulturerbe
Ausstellung im Felleshus der Nordischen Botschaften: Die Sauna. Echt heiß. Echt finnisch. Kuratiert von Jaakko Blomberg und Karolinna Gröndahl. Fotografien: Susa Junnola und Liisa Takala, Alexander Lembke. Grafikdesign: Johannes Rantapuska. 26.01. - 14.04.2024.
Alle Bilder sind dort entstanden.
Prüss, Tarja/ Quack, Ulrich: Finnland. Entdeckungsreisen im Land der tausend Seen. Ostfildern, 2023.