Das große Krebs-Essen: Kräftskiva in Schweden

Wenn die ersten Zugvögel wieder gen Süden fliegen, aber die Abende noch warm sind, zelebrieren die Schweden dieses Lebensgefühl mit einem Fest: Sie läuten den Spätsommer mit Kräftskiva ein, dem traditionellen Krebs-Essen. 
Über diese Tradition habe ich mit meiner Freundin Anna, die in Åmål aufwuchs, gesprochen.


Krebse hübsch angerichtet sind typisch für ein Kräftskiva. Das Bild ist von Stig Nilsson.   Zu Kräftskiva gehört auch Deko: Krebse auf Servietten. Dieses Bild ist von Stig Nilsson.

Der Name 

Das wichtigste zuerst: Anna übersetzt den Namen für mich. "Kräft bedeutet auf deutsch Krebs. Kräftskiva heißt Krebs-Tafel, das zeigt den kulinarischen Aspekt des Festes. Wir essen viel, es gibt  Schnaps und man feiert zusammen mit der Familie oder Freunden, es gibt Geselligkeit. So muss Kräftskiva sein."

Der Wandel des Brauchs

An der Stelle recherchiere ich ein bisschen. Woher kommt die Tradition, sich zu treffen, um gemeinsam Krebse zu essen?

Die Grundsteine für Kräftskiva machte der schwedische Adel, bei dem es im 16. Jahrhundert Mode wurde, Krebse zu essen. Das schaute sich die Bevölkerung ab und ab dem 17. Jahrhundert wurde es allgemein normal, Krebse zu verzehren. 200 Jahre später entwickelten sich im Bürgertum die ersten Vorläufer des Brauches. Man aß spätabends Kräftsupé, Krebse mit alkoholischen Getränken.
In den 1930er Jahren erhielt das Fest nun seinen heutigen Namen und spätestens seit den 1960ern wird es überall in Schweden gefeiert.

Bis 1994 war es in Schweden von November bis Juli verboten, Krebse zu fangen, um die Bestände der Tiere nicht zu gefährden. War es dann ab Anfang August wieder erlaubt, wurde dies mit einem Fest gefeiert. Entsprechend liegt die Kräftskiva-Saison auch noch heute zwischen Anfang August und Ende September. 

Festlich angerichtete Krebse auf einem Kräftskiva. Das Bild ist von Anne Sagebiel.   Eine festliche Krebs-Tafel zu Kräftskiva. Das Bild ist von Anne Sagebiel.

 
  

Die Feste heute

Heute besteht weder das Fangverbot, noch kommt die Mehrzahl der verspeisten Krebse aus Schweden. Viele werden importiertm erzählt Anna.
Doch wieso hielt sich der Brauch? Nun ja, (nicht nur) die Schweden lieben Geselligkeit und wer lässt schon einen Anlass aus, um einen Schnaps zu trinken?

Anna erzählt, dass man Kräftskiva im Familienkreis feiert, gerne am Wochenende auf dem Land. Es ist anders als Midsommar kein öffentliches Fest im Park, sondern privat. Und es gibt keinen festen Termin, sondern man feiert im Zeitraum von August bis September, wann man möchte.

Die Krebs-Party

Wie sieht jetzt so eine Krebs-Party aus? Anna erzählt:

"Wir haben jedes Jahr mit bei meinen Großeltern zusammen Kräftskiva gehabt. Und wir haben auch selber Krebse gefangen! Das ist nicht so gewöhnlich, das darf man nicht überall, aber es war mega schön. Wir haben sie in der Nacht gefangen, in so Käfigen, das war immer sehr spannend! Die meisten kaufen die aber.
Dann hat meine Oma die Krebse gekocht und sie sind von schwarz zu rot geworden und das war sehr cool.
Und dann ging es eigentlich um das Essen, wir hatten Västerbotten-Paj [eine Art Quiche mit Västerbotten-Käse] und die Erwachsenen Snaps wie bei Midsommar. Wir haben da auch gesungen wie bei Midsommar. Und wir hatten Baguette dazu, Garnelen und Sauce.
Und man hat dann selber die Krebse geschält, das gehört ja dazu."
Je nach Region gibt es übrigens Flusskrebse, Signalkrebse oder Kaisergranaten, die gekocht und dann kalt serviert werden. Heute gibt es natürlich auch vegetarische Alternativen.
Gerne feiert man ein Kräftskiva als Mitbring-Party, auf schwedisch Knytkalas, kurz Knytis. Das heißt, jeder bringt etwas mit, ob Brot oder Beilagen bis zum Dessert. Also am besten nicht mit leeren Händen kommen, wenn Sie zu einem Kräftskiva eingeladen sind!

Und es gibt lustige Deko, erzählt Anna: "Ah und man dekoriert ja wie auf Fotos. Man zieht Papier-Hüte an und man hängt so Lampions auf. Und die Servietten sind immer mit Krebsen."
Gerne gibt es auch Lätzchen fürs Krebs-Essen und eine Schale mit Zitronenwasser zum Reinigen der Hände zwischendurch.

Kurzum: Es geht um Essen und Trinken, um Trinksprüche und Lieder und darum, gemeinsam eine schöne Zeit zu haben. Das klingt lustig und chaotisch? So ist es auch! 

Hier noch unsere Rezepte für alle, die Lust auf Krebs bekommen haben: 

Rezept zu Kräftskiva: gekochte Flusskrebse.
Rezept zu Krästskiva: schwedischer Västerbotten-Paj.

Quellen: 

Die ersten beiden Fotos stammen von Stig Nilsson, die letzten beiden von Anne Sagebiel.

Gespräch mit Anna am 02.08.2021.

https://www.ica.se/recept/

https://www.isof.se/lar-dig-mer/kunskapsbanker/lar-dig-mer-om-arets-namn-och-handelser/handelser/kraftskiva

https://visitsweden.de/aktivitaten/kultur-geschichte-und-kunst/schwedische-traditionen/das-schwedische-krebsfest-kraftskiva/ 

https://sv.wikipedia.org/wiki/V%C3%A4sterbottenpaj